D. Hattrup liest - Weizsäcker: Der Garten des Menschen: III, 5. Heidegger und die Naturwissenschaft

‚Die Wissenschaft ist eine und zwar entscheidende Weise, in der sich uns alles, was ist, darstellt. Darum müssen wir sagen: die Wirklichkeit, innerhalb der sich der heutige Mensch bewegt und zu halten versucht, wird nach ihren Grundzügen in zunehmendem Maß durch das mitbestimmt, was man die abendländisch-europäische Wissenschaft nennt. Wenn wir diesem Vorgang nachsinnen, dann zeigt sich, daß die Wissenschaft im Weltkreis des Abendlandes und in den Zeitaltern seiner Geschichte eine sonst nirgends auf der Erde antreffbare Macht entfaltet hat und dabei ist, diese Macht schließlich über den ganzen Erdball zu legen.‘ (Heidegger, Wissenschaft und Besinnung, in ‚Vorträge und Aufsätze‘, 1954, S. 45).
Unser Jahrhundert ist ein Jahrhundert der Naturwissenschaft. In unserem Jahrhundert scheint sich sogar die Naturwissenschaft als der harte Kern der Neuzeit zu enthüllen. Soll man genau einen Philosophen unseres Jahrhunderts nennen, so wird man nicht umhin können, Martin Heidegger zu nennen. Heidegger aber war kein Philosoph der Naturwissenschaft. Sie war weder der Ausgangspunkt noch das Ziel seines Denkens. Wie reimt sich das? Die soeben zitierten Sätze Heideggers zeigen den Weg zur Antwort. Heidegger sah die entscheidende Rolle der Wissenschaft für unsere Zeit. Er litt unter dieser unserer, seiner Zeit. Dieses Leiden nahm in seinen jüngeren Jahren die Form fordernder Kritik an, in seinen späten Jahren die Form des tief besorgten Durchdenkens eines Schicksals.

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