phoenix persönlich | Bundespräsident a.D. Joachim Gauck zu Gast bei Theo Koll | 19.01.2024

Bundespräsident a.D. Joachim Gauck: "Führung im politischen Raum, auch in unserer offenen, liberalen Demokratie muss erkennbar sein"
In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Theo Koll mit Bundespräsident a.D. Joachim Gauck über die Wehrhaftigkeit der Demokratie, ein mögliches AfD-Verbotsverfahren, die Unterstützung für die Ukraine und politische Führung.
„Führung im politischen Raum auch in unserer offenen, liberalen Demokratie muss erkennbar sein“, so Bundespräsident a.D. Joachim Gauck. „Sie muss nicht abwarten, wohin gerade die Trends gehen bei den Meinungsumfragen, sondern sie muss einen gewissen Wagemut an den Tag legen. Das darf nicht ein Gefühl sein, mir ist alles erlaubt à la Trump, sondern es muss das Gefühl sein, die Verantwortung, die ich übertragen bekommen habe als Regierender, als Regierende fordert mich heraus, der Bevölkerung deutlich zu sagen, was ist mein Plan und wie will ich ihn umsetzen.“
Ein AfD-Verbot sieht Joachim Gauck weiterhin kritisch. Die Demokratie habe andere Mittel, als das eines Verbotes. Es brauche „eine entschiedene Abgrenzung“ und einen „entschiedenen politischen Kampf mit deren Vorstellungen“, so Gauck: „Vor allen Dingen müsse man sie fragen, „was habt ihr denn für Zukunftsangebote, liebe Leute von der AfD? Aus der Europäischen Union austreten? Wir? Als Wirtschaftsnation? Wunderbare Idee! Also, wir können sie hinlänglich befragen und die Defizite ihrer Zukunftsangebote werden dann klar erkennbar sein.“
Mit Blick auf die Union sagte Bundespräsident a.D. Joachim Gauck, sie müsse wertkonservativer werden und „deutlich erkennbare konservative Angebote“ machen. „Das ist natürlich ein heikles Geschäft, denn sagst du einen Satz zu viel, dann hast du einen Teil der Medien und einen Teil der Öffentlichkeit gegen dich und die beschreiben das dann als „Nachlaufen“, als würdest du denen nachlaufen.“ Gleichwohl müsse man den Menschen, die sich von der Moderne überfordert fühlten, Angebote machen und zeigen: „Du kannst konservativ sein, aber wertkonservativ. Und dieses Wertkonservative verbindet sich sehr stark auch mit Angeboten eben der Sozialdemokratie oder auch der grünen Politik.“ In diesem Zusammenhang begrüßte Gauck die Debatte über eine Leitkultur. „Ein Teil der Grünen mochte dies nicht und viele fortschrittliche Menschen mochten den Begriff nicht. Wenn du dir aber mal die Politik-Ziele und auch die Argumentationswege der Grünen anschaust, waren sie eigentlich immer besonders starke Vertreter einer Leitkultur. Nur sie haben das so nicht genannt.“

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