Glocken des Domes zu Passau

Музыка

Im Herzen der Dreiflüssestadt Passau erhebt sich über malerischen Gassen und Plätzen am höchsten Punkt der Altstadt der barocke Stephansdom, berühmt für seine Architektur und die größte Kirchenorgel der Welt, aber auch seine Glocken. In den beiden wuchtigen Türmen findet sich auf vier Glockenstuben verteilt das, in seiner Konstellation einmalige, achtstimmige Domgeläute, welches zu den eindrücklichsten Ensembles in Süddeutschland zählt. Nicht minder eindrucksvoll als das gegenwärtige Geläute ist ein Blick in dessen Historie, die zugleich die traditionsreiche Geschichte des Glockengusses in Passau erzählt - schließlich waren die hiesigen Glockengießer maßgeblich an der Fortentwicklung des Domgeläutes beteiligt. So erhielt Hans Pach, nachdem infolge des Dombrandes alle Glocken zerstört wurden, im Jahre 1684 den Auftrag, ein achtstimmiges Geläute zu gießen. Von Pachs Schöpfung - einem einzigartigen Ensemble aus reich verzierten Barockglocken (Stürmerin, Dignitär, sowie Predigt-, Amt-, Angelus-, Elfuhr-, Chor-, und Sterbeglocke) - ist zwar keine Glocke mehr erhalten, aber doch lebt es im heutigen Domgeläute fort, wobei die Tonfolge in ~a° h° cis' d' e' fis' a' cis'' der des gegenwärtigen Bestandes nicht unähnlich ist. Erste Veränderungen im Ensemble ergaben sich, als die Stürmerin zersprang. Ihre Nachfolgerin, die älteste erhaltene Domglocke, wurde 1733 von Nikolaus Drackh, der 1707 die Werkstätten von Pach übernommen hatte, gegossen. Bewusst wurde sie, wie ihre Vorgängerin, reichlich verziert, in einer schweren Septimrippe gegossen und am Holzjoch der ersten Stürmerin aufgehängt. Nach dem Umguss von drei weiteren Glocken im Verlauf des 19. Jahrhunderts erfuhr das Domgeläute schließlich mit der Ergänzung der Türme um die Oktogone ab 1896 eine tief greifende Veränderung, in deren Rahmen auch die letzten Pach-Glocken umgegossen wurden - Leonhard Lorenz, der sich für die Neukonzeption des Ensembles verantwortlich zeigte, hatte sämtliche Glocken außer der Stürmerin 1896/97 neu gegossen. Sie fanden im Nordturmoktogon ihren Platz, während man die Stürmerin im gigantischen Eisenfachwerkstuhl des Südturmoktogones untergebracht hatte. Mit der Abgabe der Amtglocke zu Rüstungszwecken im 1. Weltkrieg und dem Transfer der Sterbeglocke 1952 an St. Severin war schließlich eine Grundlage für die Erweiterung des Domgeläutes auf heutige Größe gelegt. Nachdem die Gießerei Perner ab 1947 in Passau tätig war, konnte das Ensemble bereits 1951 um eine tiefe Bassglocke, die Pummerin, erweitert werden. Damit erhielt der Stephansdom - nur sechs Jahre nach Kriegsende - nicht nur die größte Glocke seiner Geschichte, sondern auch die für geraume Zeit schwerste Glocke Süddeutschlands. Zugleich hatte man auch die Chorglocke durch einen Neuguss ersetzt. Bereits um 1980 war eine Sanierung des Ensembles unumgänglich geworden: So wurden 1983/84 Schalläden und Holzjoche, sowie teils neue Klöppel verbaut und der Glockenstuhl für eine Wiederherstellung der Amt- und Sterbeglocke, deren Töne im derzeitigen Geläute noch "fehlen", ertüchtigt. Anlässlich des Milleniums erhielt der Stephansdom schließlich unter Bischof Franz-Xaver im Jahr 1999 seine zweitgrößte Glocke, die Misericordia - gegossen in der Fa. Perner. Als Glocke der Barmherzigkeit besorgt sie das tägliche Mittagsläuten mit ihrem sonoren Klang, dominiert die anderen Glocken im Zusammenklang jedoch stark. So erhält das Pontifikalgeläut sein Gepräge (in der Theorie) v. a. durch den charakteristischen Halbton von Pummerin und Misericordia, aber auch die außerordentliche Klangfülle der Stürmerin, sowie dem Lorenz-Geläute, das aus seiner Zeit spricht - eine Sinfonie, die über der gesamten Altstadt schwebt.
Gl. 1 | Pummerin | fis°-8 | 7850 kg | 2320 mm | Rudolf (II.) Perner, Passau (1951)
Gl. 2 | Misericordia | g°-5 | 5950 kg | 2180 mm | Rudolf Perner, Passau (1999)
Gl. 3 | Stürmerin | a°-8 | 5294 kg | 2115 mm | Nicolaus Drackh, Passau (1733)
Gl. 4 | Dignitär | h°-3 | 3375 kg | 1730 mm | Leonhard Lorenz, Passau (1897)
Gl. 5 | Predigerin | cis'-2 | 2400 kg | 1540 mm | Leonhard Lorenz, Passau (1896)
Gl. 6 | Angelus | e'-3 | 1250 kg | 1290 mm | Leonhard Lorenz, Passau (1896)
Gl. 7 | Elfuhr | fis'-5 | 800 kg | 1120 mm | Leonhard Lorenz, Passau (1896)
Gl. 8 | Chor | a'-8 | 525 kg | 995 mm | Rudolf (II). Perner, Passau (1951)
Verteilung: Gl. 1 Südturm u., Gl. 3 Oktogon; Gl. 2 Nordturm u., Gl. 4-8 Oktogon.
Ablauf der Vorstellung:
00:00 Eindrücke der Domkirche, Gl. 1, 3-8
03:15 Einzelglocken
24:30 Pontifikalgeläut
Der Passauer Stephansdom wurde infolge diverser Brände in heutiger Form unter Carlo Lurago zwischen 1662 und 1693 unter Einbeziehung des gotischen Chorschiffes im Barockstil erbaut.
Mein besonderer Dank gilt Fr. Kolb für die freundliche Ermöglichung und Felix für die Organisation der Aufnahme. #glocken
Quellen:
1* Seidler, Martin: Glockendenkmalpflege in Passau: Das Münster, Bd. 40. 1987. S. 28-33.
2* bit.ly/3L1B2vH, Stand: 17.04.2022.
Text, Ton und Bild: Ben Schröder, "Glockenzeit".

Пікірлер: 37

    Келесі