Getrübte Einigkeit (Satire-Hörbuch)

Ойын-сауық

Getrübte Einigkeit
Hörspiel von Hartmut Lühr (1995) / Neues Cover im Juni 2024
Das Episodenhörspiel über politische Absurditäten und gesellschaftliche Selbstverwirklichungssuche entstand Mitte der 90er Jahre in Hamburg:
Ein Interview mit einer streng feministischen Terroristin wird zum grotesken Fiasko, als eine unbedarfte Reporterin statt kritischer Fragen lediglich Wohlfühlthemen anspricht, wie etwa die 'erotisch geladene Atmosphäre' bei einer gewalttätigen Aktion. Eine historische Chance für die Versöhnung von Fundamental-Feminismus und Boulevardpresse scheitert grandios an der humorvoll überzeichneten Unfähigkeit der Beteiligten, ihre ideologischen Scheuklappen abzulegen.
Ein skrupelloser Rüstungsexporteur wird von den Medien nur marginal kritischer hinterfragt, etwa ob Morddrohungen gegen ihn und seine Frau den Haussegen in ihrer prunkvollen Villa stören. Die Absurdität dieser Szene zeigt die groteske Realität der Machtverhältnisse auf, wo mörderische Verstrickungen eher Anlass zu trivialen Haushaltsfragen geben als zu ernsthaften Konsequenzen.
Ein verunsicherter Mann sucht Rat bei der Traumdeuterin Celestina, die seinen Traum von einem verpassten Zug als Furcht vor starken Frauen deutet. Ihr skurriler Rat: Einen "Kontakt-Hund" anschaffen. Eine mysteriöse Stimme kommentiert die Szene mit bissigem Humor. Schließlich verlangt Celestina 150 Euro für die Sitzung, die Hoffnung auf positive Veränderungen bleibt dabei eine ironische Fußnote.
Mit Christina Holsten, Carsten Kölln, Constanze Köpp, Anne Lange, Kay Thiemann u.v.a.
bit.ly/4al9qx8
*Getrübte Einigkeit: Ein bissiges Comeback einer satirischen Groteske*
*Von unserer Feuilleton-Redaktion*
Hartmut Lührs „Getrübte Einigkeit“, das Episodenhörspiel von 1995, kehrt mit neuem Cover im Juni 2024 zurück in den kulturellen Diskurs. Was damals eine scharfsinnige Satire auf politische Absurditäten und die narzisstische Selbstverwirklichungssuche war, trifft heute den Nerv einer Gesellschaft, die sich in ihren eigenen Widersprüchen verliert.
Gleich zu Beginn schlittern wir in eine groteske Szene, in der eine streng feministische Terroristin auf eine ahnungslose Reporterin trifft. Diese ist unfähig, auch nur ansatzweise kritische Fragen zu stellen, und wählt stattdessen Wohlfühlthemen wie die 'erotisch geladene Atmosphäre' bei einer gewalttätigen Aktion. So hätte das Interview zur historischen Versöhnung von Fundamental-Feminismus und Boulevardpresse werden können, verpufft jedoch grandios an der Dummheit und Ignoranz der Beteiligten. Lührs scharfer Spott auf den intellektuellen Bankrott und die mediale Oberflächlichkeit trifft ins Mark einer Gesellschaft, die im eigenen Postkarten-Idealismus gefangen ist.
Weiter geht es mit dem grotesken Porträt eines skrupellosen Rüstungsexporteurs. Die Medien stellen ihm keine harten Fragen zu seinen Verstrickungen in Genozide, sondern interessieren sich lieber dafür, ob die Morddrohungen gegen ihn und seine Frau den Haussegen stören. Diese Szene offenbart eine bittere Wahrheit: Die mediale Verharmlosung von Verbrechen und die Absurdität, mit der Macht und moralische Verfehlungen zu banalen Alltagsthemen degradiert werden. Lührs Satire prangert die Heuchelei und Gleichgültigkeit einer Gesellschaft an, die lieber Klatsch und Tratsch konsumiert, anstatt sich mit den Schattenseiten ihrer eigenen Komfortzone auseinanderzusetzen.
Der Höhepunkt der Groteske kommt in der Episode mit der Traumdeuterin Celestina. Ein verunsicherter Mann, der einen verpassten Zug träumt, bekommt den rattenfängerischen Tipp, sich einen „Kontakt-Hund“ anzuschaffen, um seine Angst vor starken Frauen zu überwinden. Eine mysteriöse Stimme kommentiert das absurde Schauspiel mit scharfzüngigem Humor, während Celestina für ihre esoterische Pseudoweisheit 150 Euro verlangt. Diese Szene ist eine bissige Abrechnung mit der Wellness-Industrie und der esoterischen Selbstfindungskultur, die die Unsicherheiten und Ängste der Menschen für bares Geld ausnutzt. Lühr hält der narzisstischen und konsumorientierten Gesellschaft den Spiegel vor, indem er ihre Lächerlichkeit und Leichtgläubigkeit schonungslos bloßstellt.
„Getrübte Einigkeit“ ist mehr als nur ein satirisches Meisterwerk; es ist ein brutaler Kommentar zur Verkommenheit der modernen Gesellschaft. Lührs messerscharfer Humor und seine unbarmherzige Kritik an politischen und sozialen Mechanismen sind heute relevanter denn je. Das neue Cover im Juni 2024 ist ein Beweis dafür, dass die bissige Schärfe dieses Hörspiels nichts an Aktualität verloren hat.
Fazit: Hartmut Lührs „Getrübte Einigkeit“ ist eine gnadenlose Satire, die die Absurditäten unserer Zeit mit bitterem Humor und unerbittlicher Schärfe entlarvt. Ein unverzichtbares Hörvergnügen für alle, die den Mut haben, der eigenen Gesellschaft ins groteske Antlitz zu blicken.

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