Ich präsentiere zum heutigen Festtag Christi Himmelfahrt das (derzeit) größte läutbare Geläut der Stadt Görlitz, welches im 48 m hohen Turm der evangelischen Kreuzkirche in der Südstadt hängt.
In Folge der Ausdehnung der Stadt Görlitz Ende des 19. Jahrhunderts in Richtung Landeskrone, wurde es notwendig eine weitere evangelische Pfarrkirche in der Südstadt zu bauen. Immerhin lebten in diesem Stadtteil im Jahre 1905 11500 evangelische Christen. Heute zählt die Gemeinde noch etwa 1500 Mitglieder. 1903 wurde der Gemeinde ein Grundstück geschenkt, welches zur damaligen Zeit etwas außerhalb der Stadt lag und so die Kirche später sehr repräsentativ wirkte. 1910 wurde ein Ideenwettbewerb für eine evangelische Kirche mit Doppelpfarrhaus und Konfirmandensälen ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt der Entwurf des Dresdener Architekt Rudolf Bitzan. Am 18.Juli 1913 war die Grundsteinlegung und Bekanntgabe des Namens „Kreuzkirche“. Im Herbst 1915 war das Ensemble Kreuzkirche bereits fertiggestellt. Die Einweihung der Kirche erfolgte am 9.März 1916. Der Bau vereint ausgewogen Elemente von Jugendstil, Neoklassizismus und Moderne. So unterscheidet sie sich sehr von den anderen Kirchenbauten der Stadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der Jakobuskirche und der Lutherkirche. Der massiv gestaltete Eingangsbereich mit Arkadengängen überspannt die davorliegende Straße. Die gesamte Ausstattung ist noch original. Es wird die strenge Linienführung von Pfeilern und Trägern betont. Auf ein Gewölbe wurde verzichtet, stattdessen eine Kassettendecke eingebaut. An den Stuckkkonsolen sind bedeutende Namen aus Kirche, Kultur, Wissenschaft und Politik zu lesen. Die tiefen Emporen auf Nord- & Südseite unterstreichen den Saalcharakter des Inneren. Auffallend ist das große Rechteckfenster mit dem Kreuz Christi außen am Turm. Der obere Teil aus Stahlbeton, des 48 m hohen Kirchturms, besitzt Pfeiler- & Öffnungsbahnen und wird von einer Kupferhaube bekrönt. Rund um den Turm verläuft in 38 m Höhe eine Aussichtsplattform mit herrlichem Blick über Stadt und Umland. Impressionen davon im Video ab: 10:40 . 1982-1990 erfolgte die umfangreiche Sanierung der Kirche außen und innen.
Im oberen Teil des Turmes in Höhe der Aussichtsplattform hängt seit 1914 ein dreistimmiges Gussstahlgeläut. Es ist das derzeit größte läutbare Geläut der Stadt und kann sicherlich mit zu den größten Stahlgeläuten Sachsens gezählt werden. Das erste Probeläuten erfolgte am 1.August 1914, das erste offizielle Läuten war am 21. August 1914. Beide Weltkriege überlebte das Geläut unbeschadet. Von außen ist der Klang sehr beeindruckend. Es ist in der ganzen Stadt und auch im Umland zu vernehmen. Selbst im 5 km entfernten Ort Ebersbach ( • Video ) ist es bei guter Witterung noch deutlich zu hören.
Die Glocken:
Motiv: gis°-h°-d' (verminderter Dreiklang)
Glocke 1
Freudenglocke
Stahlguss
gis°
1914
Bochumer Verein
4750 kg (Glocke + Armaturen)
2 100 mm
Zier: Am Hals zwischen Rundstegen: GEG. V. BOCHUMER VEREIN i. BOCHUM 1914
An der Flanke Avers: SIEHE, ICH VERKÜNDE EUCH GROSSE FREUDE Luc. 2.10
Revers: GESTIFTET VON KOMMERZIENRAT RICH. RAUPACH
Am Wolm 5 Rundstege - Zwischenraum - 4 Rundstege
Glocke 2
Mahnglocke
Stahlguss
h°
1914
Bochumer Verein
3360 kg (Glocke + Armaturen)
1 800 mm
Zier: Am Hals zwischen Rundstegen: GEG V. BOCHUMER VEREIN i. BOCHUM 1914
An der Flanke Avers: TRÖSTET, TRÖSTET, MEIN VOLK, SPRICHT EUER GOTT Jes. 10.1
Revers: GESTIFTET VON WEIL. FRAU EMILIE RÖGNER
Am Wolm 5 Rundstege - Zwischenraum - 4 Rundstege
Glocke 3
Friedensglocke
Stahlguss
d'
1914
Bochumer Verein
1700 kg (Glocke + Armaturen)
1 500 mm
Zier: Am Hals zwischen Rundstegen: GEG V. BOCHUMER VEREIN i. BOCHUM 1914
An der Flanke Avers: SO HABEN WIR NUN FRIEDEN MIT GOTT DURCH UNSERN HERRN Röm. 5.2
Revers: GESTIFTET VON BAUMEISTER JUL. GROSSER
Am Wolm 5 Rundstege - Zwischenraum - 4 Rundstege
Zur Aufnahme:
- während der Bilderstrecke ist eine Außenaufnahme vom 11.08.2019 um 09:50 Uhr zu hören
- Aufnahme der Einzelglocken entstanden am 27.08.2021 um 12:00 Uhr
- Aufnahme des Vollgeläutes entstanden am 10.07.2021 um 18:00 Uhr zum Sonntagseinläuten
0:00 - Bilderstrecke mit Außenaufnahme
2:10 - Glocke 3
3:52 - Glocke 2
5:42 - Glocke 1
8:01 - Vollgeläut
10:40 - Ansichten von der Aussichtsplattform
15:40 - Vollgeläut
Ein großes Dankeschön geht an Pfarrer Bönisch für die Aufnahmegenehmigung, sowie an den Küster, Herrn Heuer, für die Ermöglichung der zweimaligen Aufnahmen, seine Zeit und die netten Gespräche.
Quellen:
Fotoaufnahmen von Herrn Heuer (Bilder 5,6,7,8,9), Rest eigene Bilder
Wikipedia-Artikel zur Kreuzkirche
Informationsblätter zur Kirchen
Buch „Görlitzer Glockenlandschaft in Vergangenheit und Gegenwart“ von Michael Gürlach, S. 88/89