Das müssen Sie über das «Spiezerli» wissen

Das «Spiezerli» ist als Dampfschiff zurück auf dem Thunersee. In den vergangenen 15 Jahren wurde es in einen historischen Zustand gebracht. Allerdings bloss äusserlich: Obwohl es mit Jahrgang 1901 das älteste Schiff der Flotte ist, hat es mehr Elektronik an Bord als jedes andere Thunersee-Schiff. Der Präsident der Dampferfreunde David Beeler gibt einen Einblick hinter die Kulissen.
Es ist kleiner als die beiden berühmten Berner Oberländer Raddampfer «Blümlisalp» und «Lötschberg». Es wird auch nicht von Schaufelrädern angetrieben, sondern von einer Schraube im Heck. Und doch ist es mit dem weiss-schwarzen Kamin unübersehbar ein Dampfschiff. Sogar das letzte seiner Art: «Das ‘Spiezerli’ ist ein Kulturgut, von dem es in der Schweiz kein zweites mehr gibt. Es ist etwas Besonderes, etwas Einzigartiges», erklärt David Beeler. Er ist Präsident der Dampferfreunde, jenem Verein, der sich die Erhaltung des «Spiezerli» auf die Flagge geschrieben hat.
Nach über 100 Jahren Einsatz auf dem Thunersee wurde das «Spiezerli» 2007 ausser Dienst gestellt. Damals sah es deutlich anders aus als bei seiner Jungfernfahrt. Es ist mehrmals drastisch umgebaut worden. Es wurde verlängert, die Aufbauten haben geändert und die Dampfmaschine musste einem Dieselmotor weichen. Dieser Dieselmotor war nach der Abschiedsfahrt noch nicht erkaltet, als die ersten Pläne zur Erhaltung des «Spiezerli» geschmiedet wurden. Damals war jedoch nicht klar, in welchem Bauzustand das Schiff versetzt werden soll und ob es wieder eine Dampfmaschine erhalten soll.
Entschieden hat man sich für einen Zustand nach dem zweiten Weltkrieg Ende der 40-er Jahre. «Es ist eine historische Annäherung. Aber es ist auch die ‘Spiezerli’-Ausgabe 2022», sagt David Beeler. Denn das Schiff müsse auch den heutigen Voraussetzungen entsprechen. Gemeint sind zum Beispiel die Technik, die Sicherheit und der Fahrkomfort. Denn ursprünglich war das Schiff im Lokalverkehr im Einsatz, vergleichbar mit einem Tram. «Wenn man heute eine Ausfahrt verkaufen will, muss man etwas Essen und Trinken servieren können.» Vom historischen Innenausbau sind keine Fotos bekannt. Deshalb hat man sich für einen Stil entschieden, der dem damaligen Zeitgeist entspricht, an dem aber auch heutige Passagiere Gefallen finden.
Für das Projekt konnten die Dampferfreunde über vier Millionen Franken sammeln. Auch die BLS Schifffahrt hat einen Teil beigetragen an die Gesamtkosten von 5,8 Millionen Franken. «Es gibt Sachen im Leben, die man nicht nur nach wirtschaftlichen Grundsätzen beurteilen kann», sagt David Beeler. Wir können uns das Schiff leisten, weil 11'000 Personen während mehreren Jahren mehrfach Geld für das «Spiezerli» bezahl haben. Beeler erinnert jedoch daran, dass die Sammelaktionen Zulasten der Dampfschiffe Blümlisalp und Lötschberg gingen. Entsprechend musste die BLS Schifffahrt für den Unterhalt der grossen Raddampfer tiefer ins Portemonnaie greifen.
Eine Besonderheit des «Spiezerli» ist die neue Dampfmaschine. Zuerst seien zwar historische Dampfmaschinen geprüft worden, erzählt David Beeler. Schnell sei aber klar geworden, dass keine dieser Maschinen zum «Spiezerli» passt. Denn das Schiff ist klein, die heutigen Sicherheitsvorschriften sind hoch und für die künftige Lebensdauer von historischen Dampfmaschinen gibt es keine Garantien. Auch der Nachbau der Originalmaschine fiel ausser Betracht, weil niemand mehr weiss, wie man das macht. Ein weiteres Argument für die moderne Dampfmaschine: Sie kann vom Kapitän ferngesteuert werden. Deshalb kann das «Spiezerli» mit zwei statt drei Mann Besatzung betrieben werden.
Die ersten Fahrten mit dem «Spiezerli» finden im April 2022 statt. Danach werde es jährlich öffentliche Rundfahrten geben, sagt David Beeler. «Das Schiff wird bloss bei speziellen Gelegenheiten zum Einsatz kommen.» Denn es stellt die BLS Schifffahrt vor eine Herausforderung: Auf dem «Spiezerli» muss speziell ausgebildetes Dampfschiffpersonal arbeiten. Solche Spezialisten sind selten und man findet sie nicht auf der Strasse. Wegen kurzfristigen Abgängen aus familiären und gesundheitlichen Gründen sind sie auch bei der BLS Schifffahrt rar. «Letztendlich stehen wir vor der Wahl, ob das ’Spiezerli’ oder die ‘Blümlisalp’ fahren darf», sagt Beeler. Und da fällt der Entscheid klar zugunsten der Kursschifffahrt.
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