In diesem und im nächsten Video werden wir uns Abituraufgaben rund um das Themenfeld Genetik widmen - wir schauen uns an, wie man strategisch an unterschiedliche Aufgabentypen herangeht, wie man sie löst und dabei möglichst alle Punkte gemäß Erwartungshorizont erzielt. Das Video ist Teil einer Videoreihe, die der Vorbereitung auf euer Abitur im Fach Biologie dienen soll. Nachdem in den ersten beiden Videos allgemeine Tipps besprochen wurden, haben wir uns im letzten Video etwas spezifischer Tipps rund um das Themenfeld Genetik angeguckt. Dabei haben wir folgende Aspekte festgestellt, die auch für dieses Video von Relevanz sind:
Deutlich häufiger als Aufgaben im AFB1 sind Aufgaben, die dem Anforderungsbereich 2 zuzuordnen sind, wie wir bereits im letzten Video festgestellt haben - hier sind alleine Aufgaben der letzten drei Jahre dargestellt - und zwar nur des LKs. Bei fast allen Aufgaben geht es um die Anwendung von Wissen - einen Sachverhalt nur auf Grundlage des Materials zu erläutern ist im Themengebiet Genetik eher selten. Anwendungsaufgaben zur Proteinbiosynthese zu Stammbäumen und auch zur Genregulation - hier aus Platzgründen nur eine Aufgabe aufgeführt - kommen immer und immer wieder vor. Besonders beliebt sind Aufgaben zur Proteinbiosynthese, in denen ausgehend von einer DNA-Sequenz die Aminosäuresequenz zu bestimmen und der Mutationstyp abzuleiten ist.
Das ist einfach ein Aufgabentyp, der absolute Priorität haben muss für euch beim Lernen, weil er so regelmäßig vorkommt. Deshalb besprechen wir genau diese Aufgabe - exemplarisch am Beispiel der Leistungskursklausur aus dem Jahr 2022. („Ermitteln Sie für die in Tab. 1 dargestellten Nukleotidsequenzen die zugehörigen mRNA- und Aminosäursesequenzen sowie die Mutationstypen.“) Die dazugehörigen Materialien, auf die sich die Aufgabe bezieht und in der Aufgabe angegeben sind, sind hier abgebildet. Pausiert gerne das Video an dieser Stelle und versucht die Aufgabe selbständig zu lösen.
Die Tabelle 1 zeigt einen Ausschnitt eines Gens des Gewöhnlichen Kohlröschens, genauer gesagt das 218 bis 223te Triplett des sogenannten MYB1-Gens. Insgesamt sind drei unterschiedliche Allele des Gens, also drei Varianten des Gens dargestellt. Unterschiedliche Allele - für euch direkt der Hinweis, dass sich die DNA-Sequenzen der Allele entsprechend punktuell voneinander unterscheiden - gut erkennbar im 221 Triplett. Über den Prozess der Proteinbiosynthese wird das entsprechende Protein, das sogenannte MYB1-Protein synthetisiert, welches aus 262 Aminosäuren besteht und von dem entsprechend also die 218-223 Aminosäure ermittelt werden soll. Weil die DNA-Sequenz nicht sofort in eine Aminosäure übersetzt wird, sondern im ersten Teilschritt der Proteinbiosynthese, der Transkription, zunächst in mRNA umgeschrieben wird, muss dies auch zunächst eure Aufgabe sein. Das RNA-Transkript wird erzeugt von der RNA-Polymerase durch komplementäre Basenpaarung. Es paaren immer die Basen Adenin mit Thymin sowie Guanin mit Cytosin. Die RNA enthält allerdings kein Thymin - hier ersetzt die Base Uracil die Base Thymin als komplementäre Base zu Adenin.
Nun das allerwichtigste zu dieser Aufgabe und generell diesem Aufgabenformat: Ihr müsst unbedingt gucken, ob die euch vorgegebene DNA-Sequenz Teil eines codogenen Abschnitts oder nicht-codogenen Abschnitts ist. Der DNA-Doppelstrang - des aus zwei Einzelsträngen bestehenden Strangs also - hat immer einen codogenen Strang und einen nicht-codogenen Strang. Der codogene Strang ist der Strang, der den Code - die relevante Information für die Synthese eines Proteins enthält - und entsprechend transkribiert wird in eine einzelsträngige mRNA. Im Klausurbeispiel handelt es sich jedoch um den nicht codogenen Strang. Es wird also der zum hier abgebildeten nicht-codogenen Strang komplementäre, codogene Strang in mRNA übersetzt. Eine mögliche Vorgehensweise wäre also, den codogenen Strang durch komplementäre Basenpaarung zu bilden und diesen anschließend in ein mRNA zu übersetzen - wobei wie bereits erwähnt gilt, dass Uracil die Base Thymin als komplementäre Base zu Adenin ersetzt. Ihr seht, dass diese Vorgehensweise recht kompliziert ist, vor allem, weil es sich quasi um die Rückübersetzung in den nicht codogenen Strang handelt - mit Ausnahme, dass die Base Uracil Thymin substituiert. Man kann also deutlich einfacher vorgehen, die mRNA zu erzeugen, indem man lediglich die Base Thymin des nicht-codogenen Strangs durch die Base Uracil austauscht. Anders geht ihr natürlich vor, wenn es sich beim vorgegebenen Strang um den codogenen Strang handelt - so z.B. der Fall in der Leistungskursklausur 2021, in der ein Sequenzausschnitt aus dem codogenen Strang gegeben ist - in diesem Fall kann der codogene Strang direkt in die mRNA-Sequenz transkribiert werden. Diese Beispiele zeigen: Aufpassen! Aufpassen, ob ihr einen codogenen oder einen nicht codogenen Strang gegeben habt (Vorgehensweise einblenden).